Sonnenbeschienener „Elephant trunk“-Tornado einer Superzelle mit Regenbogenfragment am 29.05.2015 nahe Milnesand, Dora, Roosevelt County, New Mexico, USA

Der Tornado von Milnesand

Nach einer Übernachtung in Liberal (KS) machten sich Markus, Karsten, Janek, Stefan und ich auf den Weg nach New Mexico und überquerten dabei das Oklahoma- und Texas-Panhandle. Es war der 29.05.2015. Nach einer wunderschönen Reise durch den Südwesten der USA fanden wir uns als Gruppe für zwei weitere Wochen Storm Chasing in der Tornado Alley in den Great Plains wieder. Während es für Markus (www.storm-chasing.de) und mich das erste Mal in den USA war, waren Janek, Karsten und Stefan sozusagen unsere erfahrenen US-Führer (hier geht es zu ihrem Projekt: SChaPLe).

Nachdem wir in den Tagen zuvor einige gut organisierte Gewitter gesehen hatten, würde dieser zu einem besonderen werden.

Das Storm Prediction Center in Norman (OK) gab ein ein „Slight Risk“ heraus. Ergo: „vereinzelt schwere Gewitter“ für Teile von New Mexico, Texas und Oklahoma mit einer Tornado-Wahrscheinlichkeit von 2% in dem im rechten Bild gezeigten Gebiet. Bildquelle: spc.noaa.gov/

13:27 Uhr. Ankunft in New Mexico mit einem Blick auf Stratocumulus floccus (Sc flo) – die niedrige Wolkenschicht – als Anzeichen von Instabilität. Nach einer Mittagspause im Annex Bar and Grill in Logan, NM setzten wir unsere Fahrt nach Südwesten weiter fort.

Auf der Suche nach ersten Gewitterentwicklungen. Blick von der Rücksitzbank (c) Karsten Haustein

15:24 Uhr. Das ging aber schnell – nein, kleiner Spaß. Dies ist eine Tele-Aufnahme eines frischen Cumulus congestus (Cu con), der neben Tucumcari, NM, in die Höhe wächst.

15:37 Uhr. Kurze Zeit später wurde eine Gewitterwolke (Cumulonimbus) daraus und brache dem Nordwesten des Orts etwas Hagel.

16:09 Uhr. Irgendwo im Quay County. Neben dem Gewitter bei Tucumcari fanden wir uns nun unter einer frischen Neuentwicklung wieder.

16:11 Uhr. Neue Freundschaften geschlossen: die Hunde einer Farm begrüßten uns, während wir die Lage diskutierten.

16:23 Uhr. Selbst wenn der Regen den Boden kaum erreicht, weil er unterwegs verdunstet, bleibt ein Gewitter gefährlich und potentiell tötlich. Dieser Erdblitz schlug ein paar Meilen nördlich ein, während wir uns mit einem amerikanischen Chaser über die Optionen unterhielten. Dieser hatte gut zu tun, einen der Ranch-Hunde wieder aus seinem Auto zu bekommen – haha.

16:42 Uhr. Wir beschlossen, weiter nach Süden zu fahren und uns einer neuen, sich schnell entwickelnden Zelle anzunähern.

16:54 Uhr. Markus beobachtete die Struktur der Zelle nahe McAlister, NM.

17:33 Uhr. Es gelang uns, die Zelle zu überholen. Blickrichtung: W/NW auf den Aufwindbereich der Zelle, die ziemlich „knusprig“ aussah.

17:36 Uhr. Mit einigen Erdblitzen im Gepäck kam die Zelle näher.

17:43 Uhr. Repositionieren. Wir fuhren durch Melrose, NM. Die Zelle hatte ihren strukturellen Höhepunkt erreicht und sah beeindruckend aus.

18:21 Uhr. Wir folgten dem Gewitter bis der Abwind schließlich das Heft des Handelns in die Hand nahm.

18:37 Uhr. Aber… es gab eine starke neue Zelle südlich von uns. Nun sollte es schnell gehen. Um das sogenannte Tail-End-Charlie zu erreichen, mussten wir das Gewitter überholen.

19:15 Uhr. Während einer intensiven Durchquerung des Niederschlagkerns diskutierten unsere Freunde, ob wir ab- oder … durchbrechen sollten. Karsten ermutigte uns, weiterzufahren, was eine Fahrt unter dem Hagelschlot bedeutete. Zum Glück hatten die Hagelkörner nur etwa zwei Zentimeter im Durchmesser.

19:17 Uhr. Nachdem wir den Hagel hinter uns gelassen hatten, fuhren wir direkt unter dem Aufwind und zum „interessanten“ Teil hinsichtlich Tornado-Genese.

19:19 Uhr. Blick gerade nach oben. Das hatte ich zuvor noch nicht gesehen. Die Bewegung der Wolken war sehr schnell and turbulent. Wir waren genau unter der Rotation.

19:21 Uhr. Moment mal – was ist das da im Süden?

19:30 Uhr. Kein Tornado, sondern eine brennende Ölförderstelle. Wahrscheinlich war dort der Blitz eingeschlagen.

19:30 Uhr. 25 Minuten vor dem Sonnenuntergang wurde die Umgebung in ein atemberaubendes Licht gehüllt.

19:30 Uhr. Und wieder – was ist das? Da ist eine kleiner, feine Trichterwolke über dem Strommasten. Können Sie erkennen, wo sie herkommt?

19:31 Uhr. Nun waren wir mehr als fokussiert. Der gesamte Aufwindbereich wurde nun um die kleine Funnel cloud bzw. Trichterwolke gewickelt.

19:31 Uhr. Sagte ich klein? Die Trichterwolke wuchs (= kondensierte) geradezu majestätisch weiter gen Boden.

19:32 Uhr. Wir konnten unseren Augen kaum glauben. Während die Sonne knapp über dem Horizont stand, beleuchtete ein kleiner Strahl den Trichter und sorgte für ein Regenbogenfragement daneben.

19:32 Uhr. Touchdown! Ein sogenannter „Elephant trunk“-Tornado (weil ähnlich einem Elefantenrüssel) war vor Markus‘ Kamera geboren.

Panorama von Storm Chasern vor einem sonnenbeschienenen „Elephant trunk“-Tornado mit Regenbogenfragment und brennender Ölförderstelle am 29.05.2015 nahe Milnesand, Dora, Roosevelt County, New Mexico, USA
Sonnenbeschienener „Elephant-trunk“-Tornado einer Superzelle mit doppeltem Regenbogen am 29.05.2015 nahe Milnesand, Dora, Roosevelt County, New Mexico, USA (in diesem Bild wurden die Strommasten mittels Bildbearbeitung entfernt)

19:34 Uhr. Der friedlich rotierende Tornado löste sich wieder etwas auf. 16mm Vollformat-Bild. Er war nun ungefähr auf eine Meile an uns herangekommen. Wir fuhren etwas weiter nach Süden.

19:36 Uhr. Der Tornado schwächte sich nun sichtlich ab.

19:39 Uhr. Aber es sollte noch zu einem weiteren, letzten „Touchdown“ kommen.

19:41 Uhr. Der Tornado kam nun in das sogenannte „Roping out“-Stadium, in dem er sich gleich einem tanzenden Seil oder Schnürsenkel auflöste. 10 Minuten pures Glück!

Videostandbild von einem Blitz mit Tornado und Regenbogen.

Hier geht es zum Videozusammenschnitt inkl. Zeitraffer von Stefan Horn:

19:43 Uhr. Nach der Tornado-Begegnung fuhren wir an der brennenden Ölförderstelle vorüber.

19:43 Uhr. Nun sah ich den wahrscheinlich hellsten Regenbogen bis dato.

19:47 Uhr. … und einen grandiosen Sonnenuntergang.

19:49 Uhr. Während unsere tornadische Superzelle…

… langsam unter einem roten Regenbogen mit beständigem Wetterleuchten weiterzog.

Seit diesem Tag hat mein Begriff davon, wie schön und begehrenswert das Wetter sein kann, eine ganz neue Ebene erreicht. Janeks Nowcast und Karstens progressives Chasing führten zu einem unvergesslichen Erlebnis. Wir hatten gesehen, wovon die Mehrheit der Storm Chaser – sogar die Einheimischen – träumt: ein wunderschön beleuchteter, gut auskondensierter, friedlich rotierender Prärie-Tornado – mit einem doppelten Regenbogen!